Mit dem MacBook Pro 2016 den Schreibtisch entrümpeln?

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adamjohnson

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Nachdem viel über die neuen MacBook Pros geschrieben wurde und besonders viel gemeckert wurde nun einer kleiner Erfahrungsbericht aus dem Leben von mir, sozusagen etwas weniger Spekulation und mehr „Real-Usage-Scenario“. Ich bin kein „Pro“, aber ich brauchte zum Notebook bisher immer noch einen Desktop, weil Notebooks nicht leistungsfähig genug waren. Zumindest nicht die kleinen und leichten, wie ich sie für unterwegs benötige.

Ich verwende momentan einen Mac Pro (2006) und ein MacBook Air 13"(2011)
Als ich mir 2011 das Air zulegte stellte sich die Frage, was mit meinem 4x 2GHz Pro passieren soll, denn das Air lag in der Leistung etwa gleich auf und war dafür stromsparender und Mobil. Unter Last war der Mac Pro immerhin leiser.

Ich entschied mich, aus dem Mac Pro ein Modell „2,1“ zu machen und installierte eine Radeon 5770 sowie zwei Clovertown Quadcore CPUs mit je 2,66GHz. Der Achtkerner hatte nun Leistungsmäßig wieder deutlich die Oberhand und auf ihm läuft selbst El Capitan komplett geschmeidig, mit Sierra wurde es aufgrund der Notwendigkeit neuerer CPU-Befehle leider nichts mehr.
Das MB Air nutze ich zum Surfen, Mailen, Schreiben und einfachere Sachen, dafür reicht es immer noch bestens aus. Den Mac Pro nutze ich für Lightroom, Finalcut (FHD) und Handbrake, auch dies schafft er alles noch ausreichend schnell, nur Lightroom könnte bei 20MPix RAW-Fotos etwas fixer sein.

Ein Computertausch kommt für mich eigentlich nur noch als Komplett-Tausch infrage, ich hätte gern ein Gerät, das Notebook und Desktop ersetzt. Dazu kommt nur ein Notebook infrage. Desktops sind wegen Apples Preisgestaltung, Updatepolitik und der Tatsache, dass ich sie ebenso wie ein Notebook mit Adaptern und Externem Gerät betreiben müsste, völlig uninteressant geworden.

Meine Frage war nun, ob das neue 13“ MBP meinen alten Apple-Fuhrpark ersetzen kann?
Um die Antwort vorweg zu nehmen: Ja, aber...

Als Testgerät nahm ich mir das kleine MBP 13“ mit 2,0GHz i5, 256GB SSD und 8GB RAM vor.

Zunächst der erste Eindruck: Die Verarbeitung ist toll, es sieht nochmal edler aus als das MacBook Air, keine übergroßen Trauerränder mehr neben und unter dem Display, deutlich kleinere Grundfläche – gleiches Gewicht, der Apfel leuchtet nicht mehr, aber das würde mich jetzt von einem Kauf nicht abhalten. Wenn man das Ding dann erst einmal startet und das grandiose Display sieht, kann man es kaum glauben, dass Apple den TN-Schrott, aus meinem MacBook Air heute immer noch für gesalzene Preise verkauft. Mit der Tastatur komme ich gut klar, sie ist lauter und fester, anders als beim Air, aber dass sie schlechter ist, kann ich nicht sagen. Vom Aussehen gefällt sie mir sogar besser, das Tippgefühl ist reine Gewöhnungssache.

Nun zum Problem des Displays: Am Schreibtisch benutze ich ein farbkalibriertes 27“ WQHD IPS Display, dieses schlägt das interne Display das MacBook Air natürlich um Längen. Ich kann mir jedoch beim neuen MacBook Pro leider nicht mehr vorstellen, dieses große Display dem kleineren internen Display vorzuziehen. Das kleine Ding ist zu gut, die Farben, die Helligkeit (ok, das ist nur für draußen wichtig), die Pixeldichte. Wenn es ein neues MBP wird, muss also ein 5k Display dazu eingepreist werden, soviel steht fest. Gleichzeitig hätte ich so einen Thunderbolt 3 Hub. Magsafe ist wegdas ist erstmal nicht nachvollziehbar. Ich würde mich über eine Wiedereinführung freuen, muss beim Nachdenken jedoch festellen, dass Magsafe für mich nicht mehr so wichtig ist, wie es mal war. An meinem ersten MacBook Pro 2008 hat es mir in der Bibliothek so manches Mal das Notebook gerettet, aber was wäre heute? Die Geräte von damals hatten maximal 5 Stunden Akkulaufzeit, man brauchte also auch unterwegs ein Netzteil. Bei den 10 Stunden, die das neue MBP beim Texten und Surfen ganz realistisch schafft, kann man das Netzteil zuhause lassen. Auch am MacBook Air im Wohnzimmer nutze ich das Netzteil nur, weil die Akkulaufzeit relativ gering ist. Am eigenen Schreibtisch brauche ich Magsafe hingegen nicht und die Idee über ein Kabel externes Display, Strom und Peripheriehub zu bekommen, finde ich schon ziemlich verlockend. Zudem hat mein Air schon das zweite Netzteil, weil sich das Kabel aufgelöst hat — ein Problem, das ich auch von anderen Air-Benutzern kenne und das durch ein abnehmbares USB-C Ladekabel der Vergangenheit angehören wird. Keine 80€ mehr für ein neues Netzteil, nur weil das Kabel kaputt ist. Für die Fälle, wo es doch einmal Magsafe brauchen sollte, habe ich schonmal 30€ an ein entsprechendes Kickstarter-Projekt gespendet.

Wie sieht es mit der Leistung aus?
Über den normalen, leichten Kram — Surfen, Mailen, Tippen — muss man kein Wort verlieren, das kann auch mein MacBook Air ohne irgendwelche Beachballs oder Probleme.

Ich habe daher sowohl den Mac Pro (12GB RAM, 8x2,66GHz, 1TB SSD und MacBook Pro (8GB 2x2GHz) mit etwas kniffeligeren Aufgaben konfrontiert.

Zunächst die synthetischen Benchmarks, Geekbech 4 64bit:

Mac Pro:
Singlecore 1630, Multicore 6887, OpenCL 10584
MacBook Pro:
Singlecore 3767 Multicore 7251, OpenCL 28221

Wenn man die Anzahl der Kerne und die TDP der Systeme miteinander vergleicht, ist der Sieg des MacBook Pros noch beeindruckender.

Die erste richtige Aufgabe bestand in einem Export von 230 20MPix RAW-Bildern mit diversen Einstellungen aus Lightroom 6.5 zu 8MPix JPEGs.

Der Mac Pro genehmigte sich für diese Aufgabe 30 Min 10 Sek
Das MacBook Pro brauchte dafür nur 14 Min 55 Sek
Ich staunte nicht schlecht.

Der Handbrake-Test brachte wieder etwas Ernüchterung: Für die zwei Stunden von „Jurassic World“ auf Blu Ray ins Apple TV 3-kompatible Format mit zwei DD 5.1 Spuren, benötigte der Mac Pro 2 Std 52 Min und das MacBook Pro satte 5 Std 14 Min

Zwischenstand 2:1 für das MacBook Pro

Nun der Export eines 30-Minütigen Multicam-Films mit ein paar Titeln und Effekten. Eingangsmaterial H.264 aus Canon DSLR, Ausgang H. 264 1080p für Apple Geräte, hohe Qualität.

Mac Pro: 3 Std 15 Min
MacBook Pro: 37 Min 35 Sek
Hier scheint es so zu sein, dass im MacBook die GPU für die Videoencodierung verwendet wird, da die CPU nur zur Hälfte ausgelastet wird. In meim Mac Pro sind dagegen alle acht Kerne bei der Arbeit und trotzdem bekommt man Zeiten, wie zu „Compressor-auf-Power-PC-Anno-2002“.

Nehme ich denselben Clip und Exportiere ihn nicht als h. 264, sondern als ProRES, bekomme ich folgende Ergebnisse:
17 Min 48 Sek für den Mac Pro
11 Min 36 Sek für das MacBook Pro

Wenn man dann Handbrake zum encodieren in h.264 benutzt, steht der Mac Pro wieder ganz gut da.

Zu guter Letzt ein paar selbstgebastelte Aktionen unter Photoshop CC 2017. Ein 8000x8000 Pixel großes Bild wird mit diversen Filtern verunstalten, darunter der radiale Weichzeichner und die Unscharfmaskierung.

Mac Pro: 3 Min 18 Sek
MacBook Pro: 4 Min 25 Sek

Ein letzter Notebook-Nachteil war immer die Geräuschkulisse unter Last. Auf einem Notebookständer war das MacBook Pro jedoch immer recht leise. Subjektiv meistens leiser als der Mac Pro oder nur minimal lauter. Kein Vergleich zu den Turbinen des MacBook Air.

Bei gut optimierter Software frühstückt das dünne MacBook Pro den alten Boliden mit links. Endlich ein Nachfolger für zwei Geräte, das nächste Projekt wird dann „de-clutter-your-desk“. Bis dahin gibt es aber noch einiges zu verdauen, in meiner Konfiguration wäre ich knapp dreitausend Euro für das MacBook Pro los. Als Desktopersatz wird die 1TB SSD Pflicht. Für meinen persönlichen Einsatz sind fast sämtliche Kritikpunkte irrelevant, die Vorteile überwiegen.
Bei einem Kritikpunkt haben jedoch alle recht: der Preis. Apple war bei neuen Produkten schon immer teuer (siehe erstes MacBook Air), aber der Euro-Aufschlag ist eine schlichte Frechheit und so werde ich mindestens die nächste Generation abwarten und meinen Mac Pro an seinem elften oder zwölften Geburtstag in Rente schicken. Die Trennung von dieser Schreibtischskulptur wird mir allerdings nicht leicht fallen.
 
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